Junger Mann mit dem Handy
westend 61/Uwe Umstätter
8. März 2024

Rückblick getreidetechnologietag 2024

Rohstoffknappheit und der Wunsch nach regionaler Kreislaufwirtschaft fordern uns heraus, Lösungen zu entwickeln, die Innovation mit traditionellem Handwerk vereinen. 60 Teilnehmende aus Forschung und Wirtschaft sowie junge Menschen in der Ausbildung informierten sich beim Getreidetechnologietag 2024 in Wels über neue Entwicklungen und Trends. Der Getreidetechnologietag ist eine Kooperationsveranstaltung des ecoplus Lebensmittel Cluster Niederösterreich, des Lebensmittel-Cluster Oberösterreich und der HTL für Lebensmitteltechnologie in Wels.

SUN – Reste aus dem Sonnenblumenpresskuchen sorgen für eiweißreiche Backwaren

Bettina Zieher und Katrin Mathmann, Forschungspartner der Fachhochschule Oberösterreich Campus Wels, gaben Einblick in die Verwertung der hochwertigen Bestandteile des Ölpresskuchens. Die innovative Zutat aus Restoffen kann auf natürliche Art den Eiweißgehalt der Backwaren erhöhen, die Backeigenschaften verbessern und zu einer nachhaltigen Herstellung beitragen.

Die Vortragenden waren sich dabei einig: „Der entwickelte Prozess ist sehr ressourcenschonend und kann eine mögliche Alternative für die Zukunft sein! Es wäre erstrebenswert, zusätzlich Anwendungsfelder für den Einsatz der weiteren Reststoffe aus dem Presskuchen zu finden. Alles kann Wertstoff sein!“

Vegane Vielfalt aus Hülsenfrüchten – Produktentwicklungen, die begeistern

Im Rahmen der Ausbildung an der HTL für Lebensmitteltechnologie in Wels wird ein bunter Mix aus Lebensmitteltechnologie in Theorie, aber vor allem auch in der Praxis gelehrt. Stellvertretend für ihre Schülerinnen und Schüler berichtete die Pädagogin Ursula Führer, von den vielfältigen und genussvollen Produktentwicklungen der „Schüler:innenProjekte 2023/24“. Diese könnten zukünftig die pflanzenbasierte Ernährung bereichern und reichten vom Okaranugget bis zum veganen Windring. Beim Verkosten der zahlreichen Köstlichkeiten konnten sich die Teilnehmenden vom Potenzial der veganen Produkte aus Hülsenfrüchten überzeugen.

Ein berechtigter Einwand und vielleicht sogar eine Aufforderung für die Zukunft seitens der HTL LMT Wels: „Molkerein gibt es viele in Österreich, aber wieso noch kaum ‚Sojareien‘? Leguminosen haben das Potential den transformativen Prozess auf eine vermehrt pflanzliche Ernährung voranzutreiben. Sie sind vielseitig einsetzbar und mit den innovativen Anwendungsideen der Schülerinnen und Schüler ein Schritt in eine nachhaltigere Zukunft.“

Sorghumhirse als attraktiver glutenfreier Rohstoff für Backwaren

Für Betroffene von Zöliakie, aber auch Weizenunverträglichkeit stellt die Sicherstellung einer ausgewogenen Ernährung eine große Herausforderung im Alltag dar. Die Nachfrage an geeigneten Lebensmitteln steigt rascher als das passende Angebot. Backmari hat sich zur Aufgabe gemacht, genussvolle Produkte mit natürlichen Rohstoffen zu entwickeln, die eine ausreichende Nährstoffzufuhr bei gleichzeitigem Ausschluss von Gluten gewährleisten, Die wichtigsten Tipps und Tricks wurden von Ria Lang mit der Gruppe geteilt, denn glutenfreies Backen benötigt andere Prozessschritte als das traditionelle Backen. Die Zusammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaft im Rahmen des FFG-Innovationscamps „Versorghum“ bedeutet für Regine Schönlechner: „An der Uni werden viele WARUM Fragen gestellt, um den Einfluss von Sorghum unter standardisierten Bedingungen zu klären." Ria Lang wiederum ist dafür dankbar, denn „im Alltag bleibt oft wenig Zeit für die wissenschaftliche Vorarbeit. Auf wissenschaftlichen Erkenntnissen aufzubauen, hilft uns Unternehmen tatsächlich zielgerichtet Produkte zu entwickeln.“

Grüne Gentechnik als neues Werkzeug in der Getreideproduktion – wissenschaftliche Fakten

Die Grüne Gentechnik beschreibt verschiedene Verfahren in der Landwirtschaft, bei denen gezielt Gene im Erbgut von Pflanzen verändert werden. Zur Gewährleistung der Ernährungssicherung und für ein effizientes, nachhaltiges Produktionssystem können die Methoden und Erkenntnisse der grünen Gentechnik dabei unterstützten, den Herausforderungen in der Landwirtschaft mit raschen und effizienten Lösungen zu begegnen. Beispiele erfolgreicher Anwendung wie die Züchtung von glutenfreiem Weizen oder die Allergenreduktion in Erdnüssen konnten eindrücklich zeigen, welches Potential in dem Verfahren schlummert.

Um zukünftig die Angst vor der grünen Gentechnik zu nehmen hat Lisa Call eine Liste an guten Aussagen geliefert, eine wesentliche davon war: „Keine Generation ist gleich wie die andere und genetische Veränderungen sind die Grundlage für Biodiversität heute!“

Karrieregespräch – Einblick in die Arbeitssituation und Ausblick in die Zukunft

Arbeitsmarktexperten, Lehrlingsbeauftragte, Absolventen und junge Menschen, die sich für einen Beruf in der Backwarenbranche entschieden haben, diskutierten über Motivation, wie Erwartungen die Jobwahl beeinflussen, den tatsächlichen Arbeitsalltag und mögliche Potentiale für Verbesserungen. Für einen gut funktionierenden Arbeitsmarkt wünscht sich die junge Generation Wertschätzung und eine sinnstiftende Tätigkeit, aber auch eine angemessene Entlohnung. Der lange angestrebte Wunsch nach einem Eigenheim wird jedoch abgelöst vom Wunsch im Hier und Jetzt eine „Work-Life-Balance“ zu schaffen – dafür werden auch finanzielle Einbußen akzeptiert.

Über den Getreidetechnologietag

Die Direktorin der HTL für Lebensmitteltechnologie, Gisela Wenger-Oehn, führte durch das abwechslungsreiche Programm und fasste die Veranstaltung zusammen: „Der zur Tradition gewordene Branchentreff, wird von den Akteuren aus der Branche gerne genutzt, um sich zu wesentlichen Themen auszutauschen. Forschende und Unternehmer aus der Lebensmittelproduktion demonstrieren, wie Gesundheit, Individualisierung und Nachhaltigkeit als Trends, die gekommen sind, um zu bleiben, wertschöpfend umgesetzt werden können. Neue Rohstoffe und Technologien, sowie Innovationen werden auch zukünftig die traditionellen und handwerklichen Techniken unterstützen.“

Der nächste Getreidetechnologietag findet 2026 statt.

Ihr Kontakt für weitere Rückfragen:

Sigrid Meischl

Projektmanagerin
E: s.meischl@ecoplus.at
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