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Photovoltaik kann mehr als nur Energie gewinnen – Interview mit Daniel Gutlederer, ertex solartechnik

Porträt Daniel Gutlederer

Photovoltaik ist ein wesentliches Element in der Transformation unseres Energiesystems. Die zunehmende Flächenkonkurrenz von Freiflächenanlagen macht die Bauwerksintegration von Photovoltaik relevanter.

Martin Huber, Clustermitarbeiter Bau.Energie.Umwelt Cluster NÖ (BEUC), sprach mit Daniel Gutlederer, Geschäftsführer von ertex solartechnik GmbH, dem niederösterreichischen Leitinnovateur in Sachen bauwerksintegrierter PV (BIPV) und langjährigen Clusterpartner des BEUC, über gebäudeintegrierte PV, ihren Nutzen, aktuelle Herausforderungen und wo die Reise hingeht.

 

 

PV-Module aus Amstetten für mehr als 4000 Projekte auf der ganzen Welt

Martin Huber: Lieber Daniel, bitte stelle dich und ertex solartechnik vor.

Daniel Gutlederer: Danke für die Möglichkeit für diesen Austausch. ertex solartechnik feiert heuer sein 20-jähriges Jubiläum und ist einer der Pioniere in der gebäudeintegrierten Photovoltaik. Mittlerweile wurden PV-Module für über 4.000 Projekte von unserem Werk in Amstetten aus in die ganze Welt geliefert. Mit dem Jubiläum bekommen wir heuer zudem eine neue Produktionslinie, die neue Möglichkeiten und weitere Flexibilität schafft.

Ich bin mittlerweile 14 Jahre bei ertex solartechnik tätig und habe 2021 die Geschäftsführung übernommen. Die letzten 3 Jahre waren sehr fordernd und wir haben es geschafft mit einem jungen und motivierten Team die Firma neu auszurichten. Mit der neuen Produktionslinie blicken wir optimistisch in die Zukunft und wollen den Standort und vor allem die Arbeitsplätze in Amstetten festigen.

 

"Durch die hohe Gestaltungsfreiheit werden wir zeitlich früh bei den Planungen eingebunden."

Martin Huber: ertex solartechnik ist laufend in hochwertige internationale Projekte involviert. Was ist euer Geschäftsmodell?

Daniel Gutlederer: Wir sind bei allen Projekten bereits bei den Vorplanungen und Architektur-Wettbewerben mit eingebunden. Mit unseren Produktionsmöglichkeiten können wir farblich homogene PV-Module mit sehr hoher Gestaltungsfreiheit liefern. Dadurch wird der zukünftige Einsatzbereich noch vielfältiger und die optische Anmutung von BIPV noch attraktiver.

Durch die Möglichkeit in unseren semi-automatisierten Produktionsablauf flexibel eingreifen zu können, haben wir die Chance, die PV-Module architektonisch ansprechender, v.a. farblich homogen und in hoher Gestaltungsfreiheit zu produzieren. Mit der neuen Produktionslinie können wir durch die Optimierung der Abläufe einerseits die Flexibilität und auch gleichzeitig die Produktionskapazität erhöhen. 

 

Martin Huber: Was sind derzeit Eure größten Herausforderungen und wie geht ihr damit um?

Daniel Gutlederer: Aktuell sind die Entwicklungen im Bereich der Zelltechnologien für uns die größten Herausforderungen. Im Moment ist es schwierig zu beurteilen, welche Technologie bzw. welche Zellengrößen für den BIPV-Markt attraktiv und gleichzeitig wirtschaftlich darstellbar sind. Wir müssen hier zukünftig die richtigen Entscheidungen treffen, um sowohl für die Investoren als auch für uns als Hersteller eine Verlässlichkeit und Stabilität zu erreichen.

 

BIPV ist multifunktional: Energiegewinnung, Witterungsschutz, Beschattung, Gestaltungselement

Martin Huber: Was kann die gebäudeintegrierte PV zur Gebäudesanierung und der Transformation des Energiesystems beitragen?

Daniel Gutlederer: Mit Hilfe der BIPV können solar ungenutzte Flächen an Gebäuden oder Infrastrukturbauwerken aktiviert, das heißt zur Stromerzeugung genutzt werden. Im Zuge einer notwendigen thermischen Sanierung von Dach oder Fassade lässt sich eine BIPV mit überschaubarem Aufwand sehr gut integrieren ohne neue Flächen zu benötigen oder zu versiegeln. Zusätzlich erreicht man einen neuen zeitgemäßen „Look“.

In der Kombination mit einem Batteriespeicher ermöglicht die BIPV einen sehr hohen Grad an Eigenstromversorgung und trägt so einerseits zur Entlastung des Stromnetzes, andererseits zu einer Erhöhung der Produktion von erneuerbarem Strom bei. Natürlich muss jedes BIPV-Projekt hinsichtlich der potenziellen solaren Gewinne individuell analysiert werden.

 

Martin Huber: Wo liegt das größte Potenzial der gebäudeintegrierten PV?

Daniel Gutlederer: Das Potenzial liegt in der Kombination von erneuerbarer Stromerzeugung an ungenutzten Gebäudeoberflächen mit Funktionen der Gebäudehülle wie zum Beispiel Witterungsschutz oder Beschattung. Eine BIPV-Anlage ist dadurch mehr als nur ein Stromlieferant. Sie ist wesentlicher funktioneller Teil eines Gebäudes, weil sie „normale“ Dach- oder Fassadenmaterialien ersetzt und zusätzlich Strom produziert.

 

Aktuelle Innovationen und außergewöhnliche Projekte

Martin Huber: Was sind die aktuellen Innovationen bei ertex solartechnik?

Daniel Gutlederer: Aktuell großes Thema, vor allem in der Sanierung von denkmalgeschützten Gebäuden, sind färbige PV-Module. Durch unser spezifisches Fertigungs-Know-how in der Glasbearbeitung entwickeln wir unser spezielles Siebdruckverfahren für die färbigen PV-Module immer weiter.

 

Martin Huber: Welches war das außergewöhnlichste Gebäude, auf dem ertex solartechnik eine PV-Anlage installiert hat?

Daniel Gutlederer: Mittlerweile haben wir schon sehr viele außergewöhnliche Projekte umgesetzt. Herausragend sind sicher das Astana Expo2017 Gebäude in Kasachstan und die Motoryachten von Arcadia Yachts.

 

Die PV-Branche braucht Stabilität.

Martin Huber: Was kommt auf die PV-Branche generell zu?

Daniel Gutlederer: Nach den großen Dynamiken in den Bereichen Rohstoffpreise, Einspeisetarife und Förderungen muss wieder mehr Stabilität und Wertschätzung einkehren. Eine PV-Anlage muss sich amortisieren.

 

Martin Huber: In der Bauwirtschaft wird Kreislaufwirtschaft immer relevanter. Wie steht es diesbezüglich mit den PV-Modulen?

Daniel Gutlederer: Mittlerweile gibt es Unternehmen, die sich mit dem Thema intensiv beschäftigen und an vernünftigen Lösungen arbeiten. Unsere Module lassen sich so recyclen, dass das Glas, die Folien und die Zellen voneinander getrennt werden können. Die einzelnen Materialien unserer Technologie sind nicht giftig und können so relativ einfach recycelt und damit weiterverarbeitet werden. Das Glas kann z.B. direkt wieder der Glasproduktion zugeführt werden.

 

ertex und der Bau.Energie.Umwelt Cluster NÖ

Martin Huber: Welchen Nutzen siehst Du in der Zusammenarbeit mit dem Bau.Energie.Umwelt Cluster NÖ? Wie kann der Cluster ertex solartechnik unterstützen?

Daniel Gutlederer: Für Produktionsbetriebe in NÖ bzw. Österreich ist es wichtig, eine solide und gute Unterstützung zu bekommen, v.a. damit sich Firmen auf ihr Kerngeschäft konzentrieren können. Wir müssen die Produktion festigen und vor allem aktuelle Technologien ausbauen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Innovationsprojekte mit anderen Partnern sind ein wesentlicher Hebel für uns. Dabei sind das Netzwerk und die Unterstützungsleistungen des Clusters sehr hilfreich.

Zum anderen ist es für uns wichtig, BIPV noch bekannter und attraktiver zu machen. Speziell dazu möchte ich mich für eure Veranstaltung am 12.6.2024 in St. Pölten bedanken!

 

Martin Huber: Vielen Dank für das Gespräch, Daniel!

 

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