Fertigteil-Ziegelwand made in NÖ – Interview mit GF Michael Toth, Wienerberger Bausysteme GmbH

Porträt von Michael Toth

Wienerberger Österreich GmbH ist ein Traditionsunternehmen und langjähriger und aktiver Clusterpartner des ecoplus Bau.Energie.Umwelt Cluster Niederösterreich. Mit dem Tochterunternehmen Wienerberger Bausysteme GmbH etabliert das Unternehmen ein neues Produkt im Portfolio: die Ziegel-Fertigteilwand. Geschäftsführer Michael Toth führte das Clusterteam durch das Werk in Kirchberg am Wagram und sprach mit Michaela Smertnig über Vorfertigung, die Strategie des Unternehmens und über Kooperation als Teil der Lösung.

 

 

Traditioneller Baustoff trifft auf hohen Automatisierungsgrad mittels Robotik

Michaela Smertnig: Stellen Sie sich vor… und das Unternehmen …

Michael Toth: Mein Name ist Michael Toth, ich bin Geschäftsführer der Wienerberger Bausysteme GmbH. Unser Team entwickelt das Geschäftsfeld für vorgefertigte Ziegelwandsysteme der Wienerberger in Österreich. Im Jahr 2022 wurde eine bestehende Produktionsanlage in Kirchberg am Wagram übernommen, seither beliefert Wienerberger den Bau nicht nur mit Ziegeln auf Paletten, sondern auch mit auf Maß vorgefertigten Wandsystemen. Unsere Wandsysteme werden für Bauvorhaben vom klassischen Einfamilienhaus bis hin zum mehrgeschoßigen Wohnbau eingesetzt.

 

Michaela Smertnig: Beschreiben Sie uns bitte die Herstellung einer Ziegel-Fertigteilwand. Kann man es sich wie LEGO-Spielen für Erwachsene vorstellen?

Michael Toth: In unserem Werk in Kirchberg am Wagram wird jedes Ziegelfertigteil individuell und mit einem hohen Automatisierungsgrad auf Maß gefertigt. Vereinfacht gesagt: Ziegel auf Paletten rein – fertige Ziegelwand raus. Basis ist in jedem Fall eine mit dem Kunden abgestimmte 3D-Planung der Wandelemente. Die Fertigung selbst erfolgt in drei Schritten: Zuerst werden die Ziegel mit dem eigens entwickelten Kleber von Robotern zu einem Wandelement „gemauert“. Diese wird in der CNC-Wasserstrahl-Schneideanlage präzise auf Maß geschnitten und im letzten Schritt mit dem Transportsystem versehen. Die fertigen Ziegelwandelemente werden in der für die Montage auf der Baustelle optimalen Reihenfolge auf unsere Transportgestelle gesetzt, wo sie dann für die Abholung mit Tieflader für die termingenaue Lieferung zur Baustelle bereitstehen.

 

 

Garantierte Qualität und kurze Montagezeiten und wo die Reise punkto Vorfertigung hingeht...

Michaela Smertnig: Welche Vorteile bietet eine Fertigteilwand gegenüber der herkömmlichen Mauerwerks-Bauweise?

Michael Toth: Die garantierte Qualität der Wände zusammen mit der flotten Verarbeitung auf der Baustelle bringen unseren Kundinnen und Kunden Vorteile, was die Gesamtkosten der Baustelle anbelangt. So werden beispielsweise die Erdgeschoßwände für die zwei Wohneinheiten eines Doppelhauses typischerweise an nur einem Tag versetzt und damit die Kosten für Baustelleneinrichtung, Entsorgungskosten, Bauleiter und vieles mehr reduziert. Dazu kommen zufriedenere Nachbarn, weil die Belastung durch Lärm, Verschmutzung und Baustellenverkehr auf ein Minimum reduziert wird. In den letzten Monaten ist ein weiterer Aspekt zurückgekehrt, nämlich die Finanzierungskosten: Wenn wir aktuell von 5 bis 6 % Zinskosten sprechen, rechnet sich eine jede Woche frühere Fertigstellung doppelt, weil entsprechend früher verkauft bzw. vermietet werden kann.

 

Michaela Smertnig: Welche Schritte sind punkto Vorfertigung als nächstes geplant?

Michael Toth:
Unser System umfasst aktuell neben den vorgefertigten Ziegelwänden auch Lösungen für Stürze über den Fenstern und Türen, und zwar sowohl keramische Fertigteilstürze als auch Stahlbetonunterzüge. Aktuell arbeiten wir daran, die maximalen Längen der Elemente zu erhöhen und auch die maximale Wandstärke von 44 cm (Porotherm W.i) auf 50 cm zu erhöhen. Mit den Kollegen unserer Schwesterfirma Pipelife arbeiten wir darüber hinaus an im Fertigteil integrierten Installationen. Und natürlich denken wir noch weiter: Von der Integration von Fenstersystemen bis hin zur Applikation von Außen- und Innenputzen.

 

 

Die Wirtschaftlichkeit entscheidet den Einsatz von Fertigteilen – pro Bauprojekt kann diese variieren.

Michaela Smertnig: Die Baubranche ist konservativ. Wie überzeugen Sie gestandene Baumeister vom neuen Produkt?

Michael Toth: Ich kann bestätigen, dass das Vertrauen in zuverlässige Lösungen am Bau wichtig ist. Das Produkt „Ziegelfertigteil“ wurde bereits vor rund 20 Jahren entwickelt, bautechnisch zugelassen und ist daher eine in der Praxis bewährte Lösung. Wie so oft war auch bei diesem Produkt der Fall: Die Technologie ist entwickelt, der Markt aber (noch) nicht vorhanden. Das hat sich in den letzten Jahren klar geändert, die Zeit ist nun reif für vorgefertigte Ziegelwände. Aufgrund des Fachkräftemangels am Bau steigt die Attraktivität der personalextensiven Fertigteilwand ebenso; für deren Montage sind einfach weniger Personen auf der Baustelle notwendig.


In diesem Zusammenhang möchte ich eines betonen: Unsere Zielgruppen sind neben ausführenden insbesondere planende BaumeisterInnen, ArchitektInnen und die ImmobilienentwicklerInnen selbst. In unseren regelmäßigen Kontakten mit den Kundinnen und Kunden prüfen wir geplante Projekte bereits sehr frühzeitig auf den Einsatz von Fertigteilen. Kernfrage ist immer: ist das jeweilige Bauprojekt mit Ziegelfertigteilen wirtschaftlicher als in der traditionellen Bauweise?

 

Michaela Smertnig: Welche Rückmeldungen bekommen Sie von Ihrer Kundschaft?

Michael Toth: 
Sie sind von den vorgefertigten Wänden begeistert! Wie so oft ist es entscheidend, sich auf ein erstes Projekt einzulassen und bestehende Gewohnheiten zu hinterfragen. Neukunden werden in den meisten Fällen bei uns zu Stammkunden, das bestätigt unseren Weg. Mit diesen Stammkunden arbeiten wir auch an den weiteren Produktentwicklungen mit dem Ziel, ihnen das Arbeitsleben leichter zu machen.

 

 

„Wir müssen uns die Frage stellen: Wie sieht ein zukünftiges, attraktives Berufsbild des Hochbauers aus?“

Michaela Smertnig: Bestehen Ängste von Seiten der Baumeister, der traditionellen Kundschaft von Wienerberger, dass ihnen die Wertschöpfung verloren geht?

Michael Toth:
Diese Angst ist immer wieder ein Thema, da kann ich aber beruhigen. Zum einen macht das händische Mauern nur einen geringen einstelligen Prozentsatz am Hausbau aus und zum anderen müssen wir uns die Frage stellen: Wie sieht ein zukünftiges, attraktives Berufsbild des Hochbauers aus? Wir sind überzeugt, dass die Vorfertigung gemeinsam mit den Vorteilen der Digitalisierung dazu geeignet sind ein Berufsbild zu schaffen, das mit Leidenschaft bis zum verdienten Ruhestand ausgeübt werden kann. 

 

Michaela Smertnig: Was sind die großen Herausforderungen für Ihre Branche und für Wienerberger im Speziellen? Wie begegnen Sie ihnen?

Michael Toth: Wir sehen aktuell eine sehr schwierige Situation am Bau: Gestiegene Baukosten gemeinsam mit dem Ende der Nullzinspolitik haben im letzten Jahr zu einem deutlichen Rückgang im Neubau geführt. Von der bautechnischen Perspektive ist es ein zentrales Anliegen, fehlerfreie Ausführungen sicherzustellen. 

 

Michaela Smertnig: Einfamilienhaus oder großvolumiger Wohnbau? Wo geht die Reise Ihrer Meinung nach hin?

Michael Toth: Aktuell sehen wir eine Verschiebung in Richtung Reihenhausanlagen und Doppelhausparks, sprich verdichteter Wohnbau. Durch schlaue Planung und effizienten Bau solcher Projekte können sich Jungfamilien den Traum von den eigenen vier Wänden realisieren – das ist jedes Mal ein schönes Gefühl, zufriedenen Bauherren zu begegnen!

 

 

„Durchs Reden kommen d’Leut zamm!“

Michaela Smertnig: Die Wienerberger Österreich GmbH ist langjähriger Clusterpartner. Was schätzen Sie am Cluster? Was erwarten Sie vom Cluster?

Michael Toth: Meine Kollegen haben mir in den letzten Jahren immer wieder von Themen erzählt, die Wienerberger gemeinsam mit dem Cluster vorantreibt. Diese langjährige Zusammenarbeit bestätigt die Leistung des Clusters! Da schließen wir uns mit dem Team der Wienerberger Bausysteme gerne an! 

 

Michaela Smertnig: Unser Motto lautet "Innovation durch Kooperation". Können Sie dem etwas abgewinnen?

Michael Toth: Absolut! Durchs Reden kommen d’Leut zamm! Ich begegne regelmäßig Situationen, wo jemand über seine „Schmerzpunkte“ im Geschäftsleben erzählt und jemand anderer, oft aus einer gänzlich anderen Branche, hat dazu eine mögliche Lösung. 

 

Michaela Smertnig: Wir kommen nun schon zum Ende unseres Interviews. Haben Sie noch einen Wunsch an das Cluster-Management?

Michael Toth: Ja, ganz klar: Bitte weiter so! 

 

Michaela Smertnig: Herzlichen Dank für das Interview!

 

 

Zum Unternehmen

Wienerberger Bausysteme GmbH

Wienerbergerplatz 1, 1100 Wien

www.wienerberger-bausysteme.at

 

Werk: Industriestraße 4, 3470 Kirchberg am Wagram

 

… ein Tochterunternehmen der Wienerberger Österreich GmbH

 

Wienerberger Österreich GmbH hat an zahlreichen Cluster-Projekten teilgenommen, wie z.B. ...

 

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